Ein Hund ist mehr als ein Haustier: Er ist ein Freund, ein Vertrauter,

ein Seelentröster - sozusagen ein persönlicher Schutzengel.

(Herkunft unbekannt)

 

1. Hundegestützte Pädagogik – Definition

Als hundegestützte Pädagogik bezeichnet man den systematischen Einsatz von ausgebildeten Hunden in der Schule zur „Verbesserung der Lernatmosphäre und individuellen Leistungsfähigkeit sowie des Sozialverhaltens der Schüler“ (vgl. Heyer/Kloke S. 16ff). Der Umfang und die inhaltliche Gestaltung des hundegestützten Unterrichts sind dabei variabel zu sehen. Sie reichen von der reinen Anwesenheit des Hundes in der Schule bis hin zu einer aktiven Teilnahme des Vierbeiners als Vorbild und Lernkamerad am Unterricht.

Die Arbeit mit dem Klassenhund hat somit vordergründig pädagogische Ziele und bewirkt nur am Rande eine fachliche Kompetenzerweiterung.

 

2. Wirkungen von Hunden in der Schule?

Die Schule ist heutzutage nicht mehr nur traditionell als Ort des Lehrens und Lernens zu sehen, deren hauptsächliche Aufgabe die Wissensvermittlung ist. Aufgrund der enormen gesellschaftlichen Veränderungen unserer Zeit ist Schule inzwischen neben der Familie zum „zweitwichtigsten, in vielen Fällen sogar zu einem mindestens gleichrangigen Sozialisationsort geworden“ (vgl. Heyer/Kloke S. 10f), in dem erhebliche Erziehungsarbeit geleistet werden muss. Hinzu kommen die (auch aufgrund der Ergebnisse der PISA-Studie) erhöhten Leistungsanforderungen und der gesteigerte Druck von Seiten der Gesellschaft, was bei Schülern Gefühle von Überforderung, Stress, Ängste und Unmotiviertheit auslösen kann.

Auch wachsen unsere Kinder in einer technisierten Umwelt auf, wo es selbst Kindern auf dem Land vielfach an echten Erfahrungen mit Tieren und der Natur fehlt. Und in jedem Klassenzimmer begegnen uns täglich Kinder mit Entwicklungsstörungen und Verhaltensauffälligkeiten, mit mangelnder Empathie oder Distanzlosigkeit, reduziertem Selbstwertgefühl und geringer Frustrationstoleranz sowie erhöhter Aggressivität. Wir können häufig gestörte soziale Interaktionen wahrnehmen (vgl. Karen Scholz S. 2)

Hunde reagieren unmittelbar und ehrlich. Sie können ein Freund und Vertrauter sein. Sie können alleine durch ihre bloße Anwesenheit im Klassenzimmer die Lernatmosphäre positiv verändern und bewirken, dass Kinder lieber zur Schule gehen. Kinder, die mit Tieren aufwachsen, sind oftmals verantwortungsbewusster und sozial kompetenter und können besser lernen. Der Einsatz eines Hundes in der Schule ist deshalb ein möglicher Weg, das Entstehen auffälligen Verhaltens zu vermeiden oder diesem entgegenzuwirken. 

a. Psychologische Wirkungen

- Stressreduktion

- Förderung von positivem Selbstwert

- Steigerung des Wohlbefindens, Vorfreude auf ‚meinen‘ Hund

- Förderung des Einfühlungsvermögens

b. Soziale Wirkungen

- Förderung der Kommunikationsfähigkeit

- Steigerung der sozialen Fähigkeiten und der sozialen Kontaktbereitschaft

- Integration

- Verantwortungsbewusstsein für einen aufgeräumten Klassenraum

c. Physiologische Wirkungen

- Steigerung der Konzentrationsfähigkeit

- Förderung der Motorik (streicheln, spielen…)

-

 

3. Lehrplanbezug

Obwohl der Einsatz eines Klassenhundes wie bereits erwähnt nur am Rande die Erweiterung fachlicher Kompetenzen zum Ziel hat, ist der Umgang mit Tieren im Lehrplan Sachunterricht unter dem Schwerpunkt „Natur und Leben“ dennoch ausgewiesen:

„Die Schülerinnen und Schüler nehmen Naturphänomene und Erscheinungen der belebten und unbelebten Natur mit allen Sinnen wahr, entwickeln eigene Fragehaltungen und Zugänge zum Erkunden und Untersuchen. Sie entwickeln Achtung und Verantwortungsbewusstsein im Umgang mit Lebewesen.“ (Lehrplan S. 43)

Im Schwerpunkt Tiere, Pflanzen und Lebensräume sind folgende Kompetenzerweiterungen anzubahnen (Lehrplan S. 44):

• Erkunden des Körperbaus und der Lebensbedingungen von Tieren und dokumentieren der Ergebnisse (z. B. Haus- oder Zootiere)

• Beschreiben   der   Entwicklung   von   Tieren   und Pflanzen

• Beschreiben der Zusammenhänge zwischen Lebensräumen und Lebensbedingungen für Tiere, Menschen und Pflanzen

Fachbezogene Bewertungskriterien sind u. a. die Pflege von Tieren und Pflanzen (Lehrplan S. 51).

Gemäß den Anforderungen des Lernplans können alle diese sozialen und fachlichen Kompetenzerweiterungen eigenständig und entdeckend erfolgen. 

 

4. Voraussetzungen für den Einsatz eines Klassenhundes

a. Aus schulischer Sicht:

- Einwilligung durch die Schulleitung

- Information der KollegenInnen, des Hausmeisters

- Transparenz über die Arbeit mit dem Hund 

- Erstellen eines Schulkonzeptes durch die Lehrkraft

- Information der Elternschaft, Einholung einer Einverständniserklärung und Abfrage von Allergien

 

b. Aus Sicht der SchülerInnen

- Freiwilligkeit (Niemand wird zum Kontakt gezwungen, Ängste werden angenommen, Berücksichtigung kultureller Hintergründe)

- Mitverantwortung (Förderung der freiwilligen Kontaktaufnahme durch Übernahme von Aufgaben wie z. B. Versorgung der Hunde mit frischem Wasser)

- begrenzter Schülerkontakt (Aufstellen von Regeln für den Kontakt mit dem Klassenhund)

- Gesundheitsprävention durch Information und Training (adäquater Umgang mit Hunden)

 

c. Aus Sicht der LehrerInnen:

- Arbeit mit dem Hund mit einer festen Lerngruppe und in einem festen Raum.

- Je nach Alter des Hundes Begrenzung der wöchentlichen Arbeitszeit auf zwei bis fünf Tage, um eine Überforderung des Tieres zu vermeiden.

- Lässt die SchülerInnen und den Klassenhund nicht unbeobachtet, sondern begleitet alle Aktivitäten mit dem Tier.

- regelmäßige Weiterbildung im Bereich tiergestützte Pädagogik.

- Berücksichtigt der Ängste und Allergien.

- Haftpflichtversicherung des Tieres

 

d. Aus Sicht des Hundes

- Freude des Hundes an seiner Arbeit als unerlässliche Voraussetzung.

- Ist ein Familienmitglied und den Umgang mit Kindern gewöhnt.

- Hat eine gute und auf Vertrauen basierende Beziehung zu seinem Halter.

- Ist nicht ängstlich oder besonders empfindlich gegen Geräusche.

- Lässt sich gerne streicheln.

- Ist wesensfest, ruhig und gelassen, gut sozialisiert und erzogen.

- Wird regelmäßig geimpft und entwurmt.

 

5. Konkrete Einsatzmöglichkeiten der Klassenhunde

Zunächst einmal können zwei verschiedene Interaktionsmöglichkeiten mit den Klassenhunden unterschieden werden.

a. Freie Interaktion

Die Begegnung zwischen Kind und Hund vollzieht sich in besprochenen Zeiträumen und nach bestimmten Regeln. Sowohl Kind als auch Hund entscheiden selbst über die Kontaktaufnahme. Die Lehrkraft hält sich zunächst beobachtend im Hintergrund und kann im Gespräch mit dem Schüler viel über diesen erfahren und eine positive Beziehung auf- bzw. ausbauen.

b. Gelenkte Interaktion

Die Lehrkraft setzt den Hund gezielt ein und formuliert Aufträge. So erhalten die Kinder zum Beispiel im Rahmen einer Hundeprojektarbeit kleine Bobachtungsaufträge, um ihre Fragen nach bestimmten Verhaltensweisen zu beantworten.

 

Dalia und Sanjo in der Eisbärenklasse

Dalia

Dalia hat bereits seit September 2015 ihren regelmäßigen Einsatz im Unterricht der Eisbärenklasse. Dort begleitet sie an verschiedenen Tagen die Kinder im Unterricht und beim Lernen. In der ersten Eingewöhnungszeit und Erprobungsphase war es notwendig, dass zunächst Verhaltens- und Hygieneregeln besprochen wurden. Besonders gerne haben die Kinder mit Dalia in der Leseecke gesessen und ihr etwas vorgelesen. Auch für die Kinder, die neu in die Klasse gekommen sind und noch kein Deutsch sprechen konnten, war Dalia eine große Hilfe. 

Sanjo

Sanjo kommt seit Oktober 2018 regelmäßig mit in die Eisbärenklasse und lernt den Schulalltag auf diese Weise von Anfang an kennen.

Dalia und Sanjo werden den Unterricht schwerpunktmäßig begleiten, zur Beobachtung und als originales Beispiel dienen und in der freien Interaktion eingesetzt werden. Einzelne Schüler können ihnen vorlesen oder sich ein wenig Balsam für die Seele abholen. Auch werden die Hunde die Klasse einmal im Monat in den Wald begleiten.

Und ganz nebenbei werden sie durch ihre Anwesenheit das Klassenklima positiv beeinflussen. Je nach seinem „Ausbildungsstand“ kann Sanjo später kleine Aufgaben mit den Kindern durchführen.

 

Paul in der Eulenklasse

Paul begleitet seit dem Schuljahr 2018/2019 den Unterricht der Eulenklasse an jedem Tag der Woche. Er lernte den Schulalltag bereits im Welpenalter kennen. 

Im Rahmen des Sachunterrichts wird mit den Kindern der Eulenklasse das Thema „Hund“ erarbeitet. Themenschwerpunkte sind:

• Versorgung des Hundes

• Körperteile & ihre Besonderheiten (Nase-Geruchssinn)

• Körpersprache

• Richtiger Umgang mit Hunden

• Hundeberufe

• Hygiene im Umgang mit Hunden

 

Paul hat in der Eulenklasse seinen festen Platz. Er ist den Kindern ein treuer Begleiter, dient als Lernpartner, als Seelentröster, als Entspannungshilfe.

Durch Pauls Anwesenheit wird das Klima in der Klasse positiv beeinflusst. Die Kinder arbeiten leiser & konzentrierter, achten auf Sauberkeit und gehen umsichtiger miteinander um.

 

 

6. Die Teams

In der Eisbärenklasse:

Claudia Kolz-Maczey

Ich bin Grundschullehrerin an der GGS Am Steimel und Klassenlehrerin der Eisbärenklasse.

Seit einigen Jahren schon verfolge ich die Entwicklung des Einsatzes von Hunden im Unterricht und befasse mich seither mit dem Thema der hundegestützten Pädagogik.

Hunde begleiten mich nun schon seit meiner Kindheit und haben mein Leben stets positiv bereichert.

 

Dalia

Dalia ist eine Mischlingshündin mit einer Schulterhohe von 35 cm. Sie ist im Juni 2010 geboren und zusammen mit drei Kindern aufgewachsen. Dalia liebt Kinder und genießt es, wenn diese in ihrer Nähe sind. Sie hat schon bevor sie die Schule regelmäßig besucht hat an Klassenausflügen und Lesenächten teilgenommen. Selbstverständlich ist sie haftpflichtversichert, geimpft und entwurmt.

 

Sanjo

Sanjo ist ein Weißer Schweizer Schäferhund und wurde im Mai 2018 geboren. Er kommt bereits seit Oktober 2018 regelmäßig mit in die Eisbärenklasse und lernt den Schulalltag auf diese Weise von Anfang an kennen. Selbstverständlich ist auch er haftpflichtversichert, geimpft und entwurmt.

 

In der Eulenklasse:

Nina Fehrenz

Ich bin Grundschullehrerin an der GGS Am Steimel und Klassenlehrerin der Eulenklasse.

Seit ca. 4 Jahren verfolge ich durch meine Kollegin Claudia Kolz-Maczey inspiriert die Entwicklung des Einsatzes von Dalia (Klassenhund der Eisbären) im Unterricht und habe mich parallel mit dem Thema der hundegestützten Pädagogik befasst. Paul ist mein erster Hund und bereichert mein Leben seit seinem Einzug positiv.

Paul

Paul ist ein Retromops mit einer Schulterhöhe von 25cm. Er ist am 11.05.2018 geboren und seit seinem 2. Lebensmonat in unserer Familie mit einem Kind aufgewachsen. Paul liebt alle Lebewesen, ist neugierig, interessiert und freundlich. 

Paul ist haftpflicht- und krankenversichert, gechipt, entwurmt & geimpft.

 

Literaturhinweis:

• Agsten, Lydia: „HüPäSch  Hunde in die Schulen – und alles wird gut?“

• Bette Anke: „Das Klassenhundkonzept an der Kastanienschule“

• Heyer, Meike/Kloke, Nora: „Der Schulhund. Eine Praxisanleitung zur hundegestützten Pädagogik im Klassenzimmer“, Kynos-Verlag, 2. Auflage 2013

• Heyer, Meike/Beetz, Andrea: „Lesen mit Hund. Chancen und Grenzen der hundegestützten Leseförderung“, in: Kaufmann, Liane (Hrsg. u. a.): „Lernen und Lernstörungen“, Zeitschrift, Fachverband für integrative Lerntherapie e. V., 5. Jahrgang/Heft 2/April 2016

• Heyer, Meike/Beetz, Andrea: „Tierisch gut lesen lernen? Förderung der Lesekompetenz mit Hunden – Eine effektive Methode, aber kein pädagogisches Wundermittel“, in: Ebd.

• Löffler, Cordula: „Hundegestützte Leseförderung aus fachdidaktischer Perspektive“, in: Ebd.

• Lipka, Marlies: „Einsatz von Hunden im Lehr-Lernkontext“, in: Ebd.

• Paleczek, Lisa/Gasteiger-Klicpera, Barbara: „Hundegestützte Leseförderung – Was gilt es zukünftig in der Forschung zu berücksichtigen?“, in: Ebd.

• Scholz, Karen: „Hundegestützte Pädagogik an der Regenbogenschule. Das Schulhundkonzept der Regenbogenschule“, Hennef, Januar 2014